Grenzland und Kontaktzone - Die Region an der March im Mittelalter
Die niederösterreichische Region entlang der March ist während aller prähistorischer und historischer Epochen ein bedeutender kulturgeschichtlicher Raum. Durch die so genannte Bernsteinstraße wurde der Mittelmeerraum spätestens seit der Bronzezeit mit der Ostsee verbunden. Bei Carnuntum querte von Aquilaea kommend die Trasse die Nordgrenze des römischen Reiches, die Donau, und führte entlang der March nördlich ins Barbaricum, um über die mährische Pforte in das Einzugsgebiet der Oder und damit der Ostsee zu gelangen. Damit besaß das Land an der March stets und ununterbrochen eine zentrale Bedeutung als Vermittler für überregionale Kulturkontakte und für spezifische lokale Entwicklungen.
Während für die römische Kaiserzeit diese Stellung im Vorfeld der Provinzen Pannonien und Noricum sehr deutlich und durch zahlreiche archäologische Analysen belegt ist, ist weniger klar, wann und in welchem Ausmaß die spätrömische Besiedlung endete. Zwar sind im Weinviertel und speziell auch an der March zahlreiche Fundplätze bekannt, meist handelt es sich jedoch um Lesefunde und nur selten sind weitergehende Untersuchungen unternommen worden.
Bis auf wenige Jahrzehnte im 10. Jahrhundert, als Teile des heutigen Niederösterreichs unter ungarischer Oberhoheit standen, lag die dann als Marcha Orientalis (Ostarrîchi) bezeichnete Region in spätkarolingischer bzw. babenbergerischer Zeit am östlichen Rand des Ostfrankenreichs. Seitdem bildete die March die Ostgrenze des deutschen Reiches.
Die kurze Auflistung zeigt die Bedeutung der Region als Granzland und Kontaktzone zwischen West und Ost bzw. Nord und Süd in den historischen Epochen. Jedoch fehlen bislang vertiefende archäologisch-historische Untersuchungen, um diese Bedeutung für die mittelalterlichen Phasen herauszustellen. Hier möchte das geplante Forschungsprojekt ansetzten, die mittelalterliche Besiedlung an der March untersuchen, wobei auch die vorhergehende völkerwanderungszeitliche und die nachfolgende frühneuzeitliche Phase berücksichtigt werden müssen, um Ursachen und Wirkungen erkennen zu können.
Geographisch soll die Region an der March zwischen Hainburg und der Donau im Süden sowie der Thaya im Norden untersucht werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der Region um die Marktgemeinde Drösing, die hier zahlreiche Lesefunde von verschiedenen Wüstungen bekannt sind (Sammlung Allerbauer). Dies gilt besonders für eine Motte/Hausberg in der Marchniederung mit zwei vorgelagerten Wällen und heute noch wasserführenden Gräben sowie den westlich vorgelagerten Siedlungen in der Flur Wasserburg.
Neben wenigen völkerwanderungszeitlichen und frühmittelalterlichen (awarischen) Objekten aus der näheren Umgebung, gibt es einige Gegenstände, die in das östliche ungarische Gebiet weisen. Die Mehrzahl der Funde sind Kleidungsaccessoires der Hoch- und Spätmittelalters, die jüngsten Materialien sind beispielsweise Kreuzanhänger von Rosenkränzen aus der Neuzeit.
In einem ersten Schritt wurden die Kleinfunde der verschiedenen Wüstungen in eine Datenbank eingegeben, gleichzeitig wurde eine geomagnetische Prospektion auf dem Areal durchgeführt.
Ausgrabungen im Bereich der ehemaligen Kirche von Drösing im Sommer 2009 belegen einen mehrphasigen Bau. Zunächst bestand ein Rechteckbau mit rechteckiger Apsis, der später durch zwei Seitenschiffe und einen Turm ergänzt wurde. Dieser Kirchenbau bei ist für die Verlagerung in die heutige Gemeinde Drösing bis auf die Fundamente abgetragen worden. Bei der Grabung konnten nur noch die Fundamentausrissgruben beobachtet werden.
Weiterhin wurde eine kulturgeschichtliche Auswertung von Funden aus der Region, die durch örtliche Sammler zusammengetragen wurden, im Rahmen eines Bachelorseminars durchgeführt.
Literatur:
M. Pollak, Insediamenti germanici sulla March tra Carnuntum e Stillfried. In: Roma sul Danubio. Da Aquilieia a Carnuntum lunbo la via dell’ambra (Roma 2002) 33-40.
H. P. Schad'n: Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich.Prähistorische Forschungen. 3, Wien 1953.
Cl. Walcher, Ein hochmittelalterlicher Pferdegeschirranhänger aus Drösing. Unsere Heimat H 2/2001, 140-144.