Frühmittelalterliche Perlen aus Dunum

Abb. 1: Seriationstabelle der Perlen aus dem Gräberfeld von Dunum

Das Gräberfeld von Dunum wurde in den Jahren 1966 - 1971 ergraben. Insgesamt konnte Peter Schmid 778 Gräber freilegen. Darunter waren 717 Körpergräber und 61 Brandgräber. Die Bestattungen setzten im 7. Jahrhundert mit Brandgräbern ein, die teilweise überhügelt waren. Seit dem 8. Jahrhundert wurden daneben auch Körpergräber angelegt. Bis ins 9. Jahrhundert sind beide Bestattungsriten parallel zu beobachten. Die Belegung endete im 10. Jahrhundert mit beigabenlosen Bestattungen.

Da das Gräberfeld ein umfangreiches Perlenmaterial erbrachte, sollen diese noch einmal gesondert chronologisch analysiert werden. Aus insgesamt 73 Gräber konnten 1660 Perlen geborgen werden. Diese verteilen sich auf 13 Brand -(Urnen)gräber und 60 Körpergräber. Die Perlen der Brandgräber sind stark angeschmolzen bzw. oft zerschmolzen und eignen sich daher leider nur begrenzt für eine chronologische Auswertung.

Aus den weiblichen Körpergräber konnten unterschiedlich viele Perlen geborgen werden. In 10 Gräbern lagen weniger als 5 Exemplare. Die restlichen Körpergräber wiesen durchschnittlich 30 Exemplare auf. Herausragend ist Grab 553 mit 139 Stücken. In die Perlenensembles mit hohen Stückzahlen sind häufig zahlreiche Miniaturperlen integriert.

Der weitaus größte Anteil machen unverzierte Perlen aus, die nach unterschiedlichen technischen Verfahren hergestellt wurden, Überfangperlen bilden hier eine sehr große Gruppe. Häufig sind polyedrische, tonnenförmige, doppelkonische, quaderförmige und rundliche Formen in den Farben Grün, Blau, Rotbraun und Orange. Des weiteren sind in fünf Gräbern stark korrodierte Bleiglasperlen vorhanden. Als Produkte besonderer Glastechnik müssen einige geblasene Perlen angesprochen werden.

Nur 71 Perlen sind verziert, dies sind 4,5 % aller Perlen aus Dunum. Hier sind besonders Millefioriperlen (Andrae Typen:1272, 1275, 1221, 0011) zu nennen, hinzu kommen noch 10 Augenperlen (Andrae Typ 17), die immer nur als Einzelstücke in den Ketten integriert sind und häufig gemeinsam mit dem Millefioriperlen auftreten. Ergänzt werden müssen noch 6 Bernsteine, die mehr oder weniger zu kugeligen Perlen geschliffen wurden sowie 2 Amethyste.

Von besonderem Interesse war der Versuch mit Hilfe einer Seriation eine chronologische Untergliederung des Dunumer Perlenmaterials durchzuführen. Die Seriation wurde mit dem Bonner Statistik Programm (Win BASP, Version 5.42) durchgeführt.

Nicht mitgerechnet werden konnten in der Regel die Perlen der Brandgräber, da diese Perlen selten typologisch exakt anzusprechen sind. Die Seriation wurde über achte Schritte hinweg gerechnet. Die entgültige (achte) Seriation erbrachte eine diagonalisierte Tabelle und sowohl bei der zweidimensionalen Darstellung der Gräber als auch bei der zweidimensionalen Darstellung der Perlentypen eine Parabel (Abb. 1-3).

Aufgrund der Parabel lassen sich drei Kombinationsgruppen von Perlenensembles unterscheiden. Diese Perlenkombinationsgruppen werden durch die An- bzw. Abwesenheit von Typengruppen bestimmt. In diesen Typengruppen sind Perlen zusammengefasst, die eine vergleichbare Laufzeit haben. In der ersten Typengruppe sind gezogenen Miniaturperlen in Grün und Blau zusammengefasst. Die 2. Typengruppe lässt sich dem unterschiedlichen Auftreten nach in 2 Untergruppen gliedern. Es handelt sich mehrheitlich um doppelkonische und zylindrische Perlen in verschiedenen Farben. In der 3. Typengruppe sind vornehmlich Millefioriperlen sowie Augenperlen und monochrome tonnenförmige rotbraune und orangefarbene Stücke.

Abb. 2: zweidimensionale Darstellung der Eigenvektoren (Gräber) der Perlen aus Dunum

Abb. 3: zweidimensionale Darstellung der Eigenvektoren (Typen) der Perlen aus Dunum

In der Perlenkombinationsgruppe 1 von Dunum sind 6 Gräber vertreten, kennzeichnend sind Perlen der Typengruppe 1 und 2a (Abb. 4). Die Ketten besitzen nur wenige unterschiedliche Typen, die jedoch in hohen Stückzahlen auftreten.

Charakteristisch sind vornehmlich kleine grüne und blaue Miniaturperlen der Typengruppe 1, die nur hier vorkommen. Hinzu kommen kurze doppelkonische (linsenförmige) Perlen in Grün und Blau. Da Bild der Ketten wird außerdem von eine Vielzahl von Überfangperlen bestimmt. Des weiteren sind in diesen Ketten schon wenige Millefioriperlen, Bernsteinperlen, Amethyste und geblasene Perlen integriert.

In der zweiten Kombinationsgruppe sind 25 Gräber anzuführen (Abb. 3). Bestimmend sind die Typengruppen 2a und 2b (Abb. 4). Die Ketten haben zahlreiche recht kleine Perlen in wenigen unterschiedlichen Formen aber in unterschiedlichen Farbvarianten. Dadurch erscheinen die Ketten vielfältig und farbig.

Besonders vertreten sind langzylindrischen und kurzzylindrische Perlen in Blau, Rotbraun und Grün sowie die schon aus der 1 Kombinationsgruppe bekannten kurzdoppelkonischen Perlen und gezogenen doppelkonische Stücke von mittlerer Länge. Auch hier kommen die Farben Rotbraun, Grün sowie Blau und Grünblau vor. Polychrome Perlen fehlen fast ausschließlich, lediglich in wenigen Fällen ist der Millefiorityp Andrae 871 zu nennen. Unter den besonderen Perlen sind außerdem Bernsteinperlen und geblasene Perlen zu verzeichnen. Es hat den Anschein, dass hier vorwiegend kleinere Überfangperlen mit einer Achslänge von 3 - 4 mm vorkommen.

Abb. 4: Perlenkette aus Dunum: Grab 103 (Kombinationsgruppe 1); Grab 108, 511 (Kombinatinsgruppe 2); Grab 382 (Kombinationsgruppe 3)

In der dritten Kombinationsgruppe der Seriation sind 14 Gräber zusammengefasst (Abb. 3). Bestimmend ist die Typengruppe 3, diese Perlen treten fast ausschließlich in der 3. Perlenkombinationsgruppe auf (Abb. 4). Die Ketten haben bis auf die durchgängig auftretenden Typen wie die Überfangperlen ein grundsätzlich anderes Erscheinungsbild. Hier finden sich die zahlreichen unterschiedlichen Millefioriperlen.

Auch die dunkelblauen Perlen mit Augenmustern kommen mehrheitlich in der 3. Kombinationsgruppe vor. Außerdem sind nur in dieser Gruppe die tonnenförmigen Perlen, die das Bild der Ketten oft bestimmen. Diese wurden in den Farben Orange und Rotbraun hergestellt. In dieser dritten Kombinationsgruppe scheinen mehrheitlich große Überfangperlen mit einer Achslänge von 5 - 6 mm vorzukommen. Auch in der dritten Kombinationsgruppe sind geblasene Perlen und Bernsteinperlen zu finden.

Die absoluten Datierungsansätze sind schwierig zu ermitteln. Hinweise sind durch Vergleiche mit anderen Fundorten zu erwarten. Dies gilt für Einzeltypen wie für die Kombinationsgruppen. Hierzu bietet sich das Gräberfeld von Liebenau an, aber auch die Untersuchungen in den frühstädtischen Handelsplätzen Haithabu und Ribe. So wird in einem nächsten Schritt anhand der stratifizierten Vergleichsfunde aus Ribe eine absolute Datierung erarbeitet.

Abbildungsnachweis: Alle Fotos und Grafiken: Cl. Theune

Literatur

R. Andrae, Mosaikaugenperlen. Untersuchungen zur Verbreitung und Datierung karolingerzeitlicher Millefioriglasperlen in Europa. Acta Praehistorica et Archaeologica 4, 1973, 101ff.

P. Schmid, Zur Datierung und Gliederung der Grabanlagen von Dunum, Kreis Wittmund. Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen 7, 1972, 211 ff.

B. Sasse/Cl. Theune, s.v. Perlen. RGA2 Bd. 22, 564 ff, bes. 576 f.

Cl. Theune, Die Perlen aus Dunum -Neue Forschungen zur Chronologie des karolingerzeitlichen Gräberfeldes von Dunum, Ldkr. Wittmund. Probleme der Küstenforschung 32, 2008,